GNK "Materialität und Sozialität in Kultur und Gesellschaft"

Substanzen – Organismen in der Bildung (Soziologie)

Menschen treffen in ihren Lebenswelten immer wieder auf Substanzen und Organismen – etwa in Form von Wasser, Medikamenten, Genussmitteln oder Pflanzen. Substanzen und Organismen sind nicht nur Grundlage der menschlichen Existenzweise, sie werden auch vielfältig bearbeitet, modifiziert und erhalten: u.a. in den Laboratorien der Wissenschaft, in der Landwirtschaft und in Naturschutz-Organisationen. In spezialisierten Sonderinstitutionen – den Schulen – kommen heranwachsende Generationen systematisch mit Substanzen und Organismen in Kontakt. Hier lernen sie, mit ihnen umzugehen, ihre Struktur zu erkennen und auch, sie mittels Zeichen zu generalisieren.

Am Beispiel des naturwissenschaftlichen Unterrichts untersucht Anna Dorns Projekt eine sozio-materielle Praxis, die Substanzen und Organismen als Dinge des Wissens behandelt, mit ihnen Fragen aufwirft und löst. Damit leistet das Projekt auch einen Beitrag zu einem Verständnis naturwissenschaftlichen Lehrens und Lernens.

Materialität und (pragmatische) Schriftkultur (Geschichte)

Rechnungsbücher aus dem späten Mittelalter sind in der Forschung bisher hauptsächlich als Quelle für wirtschaftsgeschichtliche Fragen ausgewertet worden. Für die Augsburger Stadtrechnungen („Baumeisterbücher“) des 15. Jahrhunderts sind Ausgangspunkt und Leitfrage in Janina Lea Gutmanns Projekt jedoch die pragmatischen Formen des Schriftgebrauchs als Ausdruck einer speziellen Wirklichkeits- und Welterfassung. Unter der Annahme, dass Geschriebenes kein Abbild von Realität liefert, sondern dass das Geschriebene dazu beiträgt, eine Realität herzustellen und Orientierung in der Welt zu bieten, werden die Bücher vorrangig auf ihre Strukturen hin untersucht, weil diese auf das Denken und Handeln der Beteiligten zurückwirken. Neben Leistung und Wirkung verschiedener Aufschreibesysteme wird auch die Rolle der Bücher im spätmittelalterlichen Stadtgefüge unter dem Aspekt ihrer Materialität und im Hinblick auf ihre legitimierende Wirkung für die städtische Finanzverwaltung untersucht.

Bilder rahmen (Kunstgeschichte)

Das Dissertationsprojekt Bilder rahmen. An den Rändern und Grenzen der Bilder von Paul Klee von Caroline Heise untersucht die verschiedenartigen Verfahren zur Rahmung, die der Künstler für seine Werke entwickelt hat. Sie reichen von Rahmentechniken der Grafik, wie dem Aufziehen von Blättern auf Karton, der Randleiste und dem Passepartout, über das Kolorieren mit Aquarell und das Ansetzen von Papierstreifen bis hin zur Verwendung und Gestaltung von schmalen Leisten- und breiten Profilrahmen. Diese verschiedenartigen Verfahren soll das Projekt erstmalig innerhalb von Klees Œuvre als künstlerische Gestaltungsmittel auf ihre jeweilige Funktion und Bedeutung hin befragen. Dabei wird davon ausgegangen, dass ein Rahmen sowohl nach innen auf sein Gerahmtes hin als auch nach außen auf seine Umgebung, seinen Präsentationszusammenhang und damit seine BetrachterInnen hin wirkt. Der Rahmen kann deshalb als Ort  verstanden werden, an dem sich die Materialität und Sozialität des Bildes aufschlussreich begegnen.