Dissertationsprojekt Christina Bert

Zusammenfassung des Dissertationsprojekts

Unter dem Label des Posthumanismus kursieren in jüngerer Zeit zahlreiche Ansätze verschiedenster Couleur, die sich mit der Frage beschäftigen, ob und gegebenenfalls wie sog. Nichtmenschen zum Gegenstand soziologischer Analysen erhoben werden können. Während sich die Gründerväter der Soziologie in aller Regel auf das menschliche Subjekt als Dreh- und Angelpunkt Ihrer Untersuchungen konzentrierten, wendet sich der soziologische Blick dieser Tage mehr und mehr dem Phänomen des Nichtmenschlichen zu. Dies stellt die Soziologie sowohl in konzeptioneller als auch in methodischer Hinsicht vor nicht unerhebliche Herausforderungen. Welche Entitäten geraten in den Fokus, wenn wir das jüngst von Gesa Lindemann formulierte Desiderat „den Kreis sozialer Akteure kontingent zu setzen“ (Lindemann 2014: 44) ernst nehmen? Und wie können wir uns diesen Entitäten methodisch nähern? Eben diesem Anliegen verschreibt sich das vorliegende Dissertationsprojekt und widmet sich einer besonderen Spezies nichtmenschlicher Entitäten, den sog. transzendentalen Erscheinungen.

Im Sinne einer multi-sited ethnography werden Settings jenseits kirchlicher Institutionen aufgesucht, in denen die Präsenz von Engeln, Geistern, Toten oder sonstigen Geschöpfen proklamiert wird. Ungeachtet der Frage nach dem ontologischen Status dieser Entitäten werden Praktiken der Hervorbringung transzendentaler Präsenz zum Gegenstand der Untersuchung erhoben. Welche Ausdrucks- bzw. Repräsentationsformen nehmen jene Wesen an, deren Existenz dem Selbstverständnis einer aufgeklärten Moderne zutiefst zu widersprechen scheint? Inwiefern können diese Entitäten als soziale und damit als soziologisch relevante Akteure identifiziert werden? Wie bewältigen die Teilnehmer das Problem der fehlenden Sichtbarkeit ihres transzendentalen Gegenübers? Welcher Techniken und Strategien bedienen sie sich, um dieses Defizit auszugleichen und um bei den jeweiligen Rezipienten situativ den Eindruck transzendentaler Anwesenheit zu erzeugen? Wie gelingt ferner die Integration jener Entitäten in ein Interaktionsgeschehen? Diesen und weiteren Fragen geht das Dissertationsprojekt mit Hilfe ethnographischer Methoden nach.