Zusammenfassung des Dissertationsprojekts
Digitale Choreografie. Praxis- und Zeitentwurf in Online-Welten
Jeder Nutzer des Internets hinterlässt unweigerlich Spuren über sich selbst (Wer?), über den Standort (Wo?), den Zeitpunkt (Wann?) und den Zeitraum der Nutzung (Wie lange?). Diese Spuren – d.h. schriftliche Protokolle – zu erzeugen, sie zu Daten zu verdichten und lesbar darzustellen, ist die Aufgabe automatisierter Analysetools. Mit ihnen ist es möglich, zu beobachten, wie Menschen Webseiten nutzen. Analysetools sind mit theoretischen Überlegungen angereicherte Fabrikate oder materialisierte Theoreme, welche diese Beobachtung ermöglichen und zugleich deren Ergebnisse rahmen. Aus Perspektive einer Soziologie der Sozio-Materialität rücken sowohl Entwurf und Fertigung des Analysetools als auch seine Verwendung und Wirkung in den Blick.
Gegenstand der Dissertation ist die durch Analysetools vermittelte virtuelle Beobachtung von Verwendungspraktiken des Internets. In Anlehnung an theoretische wie empirische Überlegungen der Wissenschafts- und Finanzsoziologie zur Produktion und Repräsentation von Expertenwissen untersucht die Studie, erstens, wie der ‚Weiteraum‘ (Lindemann) des Internets designt und alltäglich genutzt wird, zweitens, wie diese alltägliche Nutzung beobachtet wird und drittens, wie die Beobachtungsergebnisse in das Design der Internetseiten mit dem Ziel zurückfließen, die Verweildauer der Nutzer auf den jeweiligen Seiten zu erhöhen. Wie also wird die Steuerung von Nutzerströmen über die Zeit auf die jeweilige Internetseite vorgenommen? Wie wird die Nutzung so vor-entworfen, dass die Affordanz der Seite unbemerkt die Praxis der Internetnutzung zeitlich rahmen kann? Welche Rolle spielen Algorithmen und wie sind sie gebaut? Die Studie schließt u.a. an mediensoziologische und materialitätstheoretische Ansätze in der Soziologie an und leistet damit einen Beitrag zur Analyse des Nutzungs- und Zeitmanagements von Online-Praktiken.